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"In LIFE ON EARTH geht es um das Leben an einem Ort, die Anekdoten und Erfahrungen, die entstehen, wenn Leute sich zufällig treffen; die Geschichten vom Reisen und der holprigen Suche nach Heimat" (CABULA 6)

Samstag, 27. November 2010

Macondo spaziert

Der Winter hat Einzug gehalten in Macondo. Die ersten Schneeflocken haben die dick in Reisig gepackten Pflanzen und Sträucher angezuckert und Eiskristalle glitzern im Sonnenschein an den Zweigen der Bäume. Es ist der erste Adventsamstag und eine kleine Gruppe Interessierter trifft sich zu einem Winterspaziergang durch Macondo und seine Umgebung. Maria, die gute Seele des Gartens führt uns durch die Anlage. Gemeinsam entdecken wir Neues. So wurde etwa die abbröckelnde Fassade des „gelben Hauses“ ausgebessert und die an den Nachbarschaftsgarten angrenzende Baumgruppe gerodet und das Gelände planiert. Wir bekommen Nachbarn! Es wird gerätselt, wer, was und vor allem wann da wohl einziehen wird. Und während wir so dahinspazieren und mutmaßen, kommen wir an einem Garten vorbei, in dem zwei Männer mitten in Bauarbeiten stecken. Ein Ziegelofen wird feinsäuberlich gemauert. Es ergibt sich ein kleiner Plausch, der sich zu einer fast einstündigen Unterhaltung ausdehnt. In dieser erfahren wir nicht nur, dass die beiden Männer Meister in Sachen Grillen und Räuchern sind, sondern bekommen auch einen herrlichen Räucherspeck zu kosten und die Info, dass es der Bruder eines der beiden Männer ist, der das Grundstück neben dem Nachbarschaftsgarten erworben hat. Das Rätsel um den neuen Nachbarn ist somit gelöst und wir freuen uns schon auf gemeinsame Grillnachmittage. Unser Spaziergang führt uns weiter auf die Simmeringe Haide, entlang der Ostautobahn, zu den Glashäusern der Wiener Gärtner. Ein Berg weggeworfener Paprikastauden erhebt sich neben der Straße. Ein mediterraner Duft liegt in der Luft, an den Rispen baumelt noch die eine oder andere rote und grüne Frucht. Das Feld daneben ist übersäet mit teils gefrorenen Kohlrabi-Köpfen. David kostet und befindet, sie hätten ein Camembert-Aroma. Vielleicht die Kälte. In der Ferne konkurriert das Blau der Kläranlage mit dem blitzblauen Himmel. Die Sonne strahlt und uns eine Spaziergängerin an. Mit Stadtplan und Kleinkind im Wickeltuch ist sie auf der Suche nach ihrem abgeschleppten Auto und sichtlich erfreut, hier doch noch auf potentielle Auskunftspersonen nach dem Weg zu treffen. Wieder ein kleiner Plausch und weiter geht es entlang einer olfaktorisch beeindruckenden Gärgaskulisse in Richtung Donau. Die Stelzenhäuser an den Ufern sind verlassen. Die Landschaft im Winterschlaf. Eine Informationstafel weist uns darauf hin, dass das gereingte Wasser der Kläranlage hier in die Donau fließt und aufgrund der guten Reinigung so schwebstoffarm ist, dass das Sonnenlicht nicht reflektiert wird und es zu optischen Täuschungen im Mündungsbereich kommen kann. Ganz so wie am Rio Negro – heißt es am Hinweisschild samt Verbildlichung. Wieder was gelernt! Vorbei am Landhaus Winter, das seine Gäste mit Bücherraritäten lockt und winterzeits jeweils Freitag und Samstag Abend zur Krimistunde lädt, führt unser Weg geradewegs ins HUMA -Einkaufszentrum. Und dort gibt es am Weihnachtsmarkt nicht nur eine bunte Diskokugel für die Party am Abend, sondern vor allem auch echten Gruselspuk mit den Fluckinger Pass. So nennt sich die Truppe an Beelzebuben, die im Strohkostüm mit Teufelsmaske und Eisentrommeln dem Herbst den Gar aus macht und den Winter samt seinen wilden Gesellen Einzug halten lässt. Ein Spektakel. Das dann selbst dem einen oder anderen Strohmann zuviel wird. Haben die doch mit bis zu 90 Kilogramm schwer zu tragen an ihren Lärminstrumenten. Nach all den Eindrücken haben wir uns zur Stärkung den leckeren Erdbeershake im Café Mini mehr als verdient. Und eine interessante Erkundungstour in Simmering ist damit auch schon wieder Geschichte.
Cornelia Bredt